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Mue Geschichte01a
In Mückenloch ist alles anders
Dieser Satz fiel wiederholt in dem nachfolgend vorgestellten
Referat des Dr. Christian Reinhardt
zum Thema
Beten - Streiten – Lernen Die Kirchen und- Schulgeschichte Mückenlochs
von ihren Anfängen im Mittelalter bis zum Ende der Kurpfalz 1803
vorgetragen am Freitag den 26. Januar 2018 im Evang. Gemeindehaus Mückenloch
 
Herr Dr. Reinhardt zog ca. 60 Zuhörer mit seinem Referat nahezu eineinhalb Stunden in Bann. So viel kompakte Ortsgeschichte war wohl in Mückenloch noch nie zu hören gewesen.
 
Zu den Inhalten des Vortrages
Die Entstehung Mückenlochs ist nicht konkret zu datierten. Sie liegt zwischen 900 und 1200. Die erste Quelle, aus der die Existenz Mückenlochs zu entnehmen ist, stammt aus dem Jahr 1273.
Die erste Kirche des Ortes wurde um 1400 gebaut. Sie hatte eine Grundfläche von 6 x 7 Metern, mit zwei Altären ausgestattet und war bunt ausgemalt. Das geht aus den Restgrundmauern hervor, die beim Neubau zum Vorschein kamen. Die älteste Glocke – die heute noch die Stunden anschlägt - stammt von 1497.
  
Mückenloch war eine eigene Patronatspfarrei, zunächst der Herren von Helmstadt und dann den Rittern von Hirschhorn. Eigentlich gehörte die Herrschaft über das Dorf Mückenloch zum Bistum Würzburg. Der Bischof von Würzburg überließ diese aber den Hirschhornern als Lehen, weil der Ort für ihn zu weit entfernt lag. Aus einem Dokument von 1355 geht hervor, dass die Pfarrei in die der Pfarrei Ersheim eingegliedert wurde. Seit dieser Zeit wurde die Pfarrei in Mückenloch nur noch von einem Vikar betreut.
Die Geistlichen lebten von den Erträgen der Felder und Wiesen der Pfarrei, dem sogenannten „Wittumsgut“. Außerdem erhielten sie von den Einwohnern den Zehnten in Form von Naturalien. Dazu kamen die Erträge von den Bäumen, die auf dem Friedhof rund um die Kirche wuchsen. Oberhalb von Mückenloch gab es noch eine Kapelle mit zwei Altären, die allerdings 1721 verfiel, mutmaßlich als Folge der Reformation.
 
Bereits 1526 waren die Hirschhorner Ritter zum lutherischen Glauben übergetreten. Und so mussten nach dem alten Grundsatz „Cujus regio, eius religio“ auch die Bürger Mückenlochs lutherisch werden. Diese beschwerten sich allerdings darüber beim Bischof von Würzburg, dem eigentlichen Ortsherren Mückenlochs. Sie wollten weiter katholisch bleiben. Es nützte allerdings nichts. Sie mussten lutherisch werden, da der Lehensherr lutherisch war.  
  
Anfang des 17. Jahrhunderts lebten auch Bürger reformierten Glaubens im Dorf. Sie genossen den Schutz der seit 1563 reformierten Kurfürsten von der Pfalz. Die Heidelberger Fürsten übten die Landesherrschaft in der Region aus. Auch gehörten ihnen die umliegenden Orte, wie Dilsberg, Wiesenbach und Waldwimmersbach. Deren Einwohner mussten auf Befehl der Kurfürsten 1556 zum Luthertum und wenige Jahre später zum reformierten Glauben übertreten.
 
Im Dreißigjährigen Krieg ist auch in Mückenloch durch die durchziehenden Truppen viel zerstört worden. Von vorher 30 Häusern blieben nach dem Krieg gerade einmal 23 übrig. Nachdem die Herren von Hirschhorn ausgestorben waren, übertrug der Würzburger Bischof die Ortsherrschaft über Mückenloch dem katholischen Reitergeneral Johann von Werth. Somit wurde Mückenloch offiziell wieder katholisch. Die Pfarrer wurden vom Karmeliterkloster Hirschhorn gestellt. Johann von Werth und die Karmeliter betrieben intensiv die Rekatholisierung der Bevölkerung. Bereits 1651 wurde die erste katholische Taufe dokumentiert. Die Mehrheit der Bürger blieb aber reformiert oder lutherisch. Sie erhielten die „Rückendeckung“ der in der Region einflussreichen reformierten Kurfürsten. Die Reformierten Mückenlochs besuchten die Gottesdienste in Dilsberg, die Lutherischen die in Neckarsteinach.  
 
1663 beschwerten sich die evangelischen (also lutherische und reformierte) Mückenlocher beim Kurfürsten, dass sie von den Karmelitern gezwungen würden, die katholischen Feiertage einzuhalten. Sie konnten auf dem Friedhof auch nur begraben, aber nicht kirchlich beerdigt werden. Es kam sogar dazu, dass die Karmelitermönche gegen den Willen lutherischer Eltern ein Neugeborenes einfach katholisch tauften. So entstanden zeitweise heftige Auseinandersetzungen unter den Angehörigen der unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften.  
  
In den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs oder kurz danach teilten die Mückenlocher eigenmächtig die bisher der Pfarrei gehörenden Kirchengüter untereinander auf. Das versuchten die Karmeliter wieder rückgängig zu machen, auch um dadurch ihre Herrschaft zu stärken. Es gelang ihnen aber nicht. Die Güter blieben in der Hand der Einwohner.  
  
Mue Geschichte02a Im Jahre 1720 beschwerten sich die evangelischen Bürger Mückenlochs erneut beim obersten Landesherrn, dem Kurfürsten der Pfalz, dass sie nach wie vor keine Möglichkeit zur freien Religionsausübung hätten. Diese Beschwerde und vermutlich noch viele andere vergleichbare Beschwerden nahm der Kurfürst 1721 zum Anlass, eine Generalverordnung zu erlassen. Danach war es den Pfarrern einer „Minderheitenkonfession“ gestattet, auch in den Orten tätig zu werden, in denen die Bürger überwiegend einer anderen Konfession angehörten. Für Mückenloch bedeutete dies, dass fortan alle Konfessionen gleichberechtigt nebeneinander bestehen durften.

Die Kirche blieb aber im Besitz der Katholiken. Da die Ortsherrschaft über Mückenloch und das Patronat über die Pfarrei nicht den Kurfürsten zustanden, war sie übrigens auch nicht in die Kirchenteilung einbezogen worden, die 1705 in der Kurpfalz durchgeführt wurde. Damals wurde z.B. festgelegt, dass fortan die Kirchen in Neckargemünd, Wiesenbach, Lobenfeld und Wald-wimmersbach von den Reformierten, die in Dilsberg aber von den Katholiken genutzt werden durften.
   
Nunmehr lebten also in Mückenloch – wie in fast allen anderen Dörfern in der Umgebung auch - drei Konfessionen nebeneinander. Allerdings gab es keine eigenen Pfarrer in Mückenloch. Der katholische Geistliche wurde von den Karmelitern aus Hirschhorn gestellt. Für die Lutheraner war der Pfarrer von Neckargemünd zuständig und die Reformierten wurden bis 1779 vom Pfarrer in Neckargemünd und danach von dem aus Wiesenbach betreut. Das war für die jeweiligen Pfarrer natürlich sehr beschwerlich, ihre Schäfchen in so großer Entfernung zu betreuen. So ist überliefert, dass der reformierte Pfarrer von Wiesenbach erst dann bereit war, regelmäßig nach Mückenloch zu kommen, als man ihm eine Naturalienzulage für seine Tätigkeit in Mückenloch gewährte.  
 
Im 18. Jahrhundert wurden auch für die Evangelischen Gottesdiensträume geschaffen: Die Reformierten richteten 1723 einen Gottesdienstraum ein. Die Lutheraner bauten zunächst im Jahr 1722/23 einen Betsaal und dann 1781/82 eine eigene Kirche in der Talstraße, die z.T. – was damals ungewöhnlich war – über einen Kredit finanziert wurde.
Die Katholiken hatten die vorhandene Kirche zugesprochen bekommen. Allerdings gab es für die Kirche eigenartige Besitzverhältnisse: Das Langhaus gehörte den katholischen Bürgern, der Turm den Karmelitern. Als die Kirche einzufallen drohte, baute man 1817/1818 ein neues Langhaus, ließ aber den Turm stehen.  
 
Die Kirchen waren auch für Schulbildung in den Dörfern zuständig, die von Männern wahrgenommen wurde, die in der Regel keine gesonderte Ausbildung dafür hatten. Die Reformierten richteten erstmals 1723 einen Schulraum ein. Zwischen 1733 und 1744 erwarben sie ein eigenes Schulgebäude in der heutigen Friedhofstraße. Die Katholiken gründeten 1731 eine Schule in einem vorhandenen Gebäude. Erst im Jahr 1852 errichteten sie ein eigenes Schulhaus.  
Die Kinder aus lutherischen Familien gingen entweder in die reformierte Schule Mückenlochs oder in die lutherische von Neckargemünd.
Mit den Lehrern waren die Mückenlocher nicht immer zufrieden. Vom ersten reformierten Lehrer ist überliefert, dass er die Tochter des Schultheißen geschwängert habe. Von einem anderen wird berichtet, dass er lieber Vögel schoss als die Schüler zu unterrichten und mit seinem Jagdwerkzeug auch viel Schaden im Dorf angerichtet habe. Erst später kamen auch Lehrer nach Mückenloch, die im Dorf geachtet waren und so bis zu ihrem Tod dort lebten.  
   
Im Jahr 1803 wurde vom immerwährenden Reichstag zu Regensburg mit dem Reichsdeputationshauptschluss das Deutsche Reich neu aufgeteilt: Die Kurpfalz kam zu Baden. Das Kloster Hirschhorn wurde aufgelöst. Ein Mönch versah dann als Laienpater das Amt des Pfarrers an der katholischen Kirche in Mückenloch.1812 wurde die Pfarrei Mückenloch allerdings aufgelöst und der Pfarrei Dilsberg zugeschlagen.
Nachdem im Jahr 1821 durch den Großherzog von Baden die reformierte Kirche und die lutherische Kirche zu einer unierten „Evangelischen Landeskirche in Baden“ zusammengefügt worden waren, wurden die Evangelischen zunächst den Waldwimmersbachern zugeordnet. Ab dem Jahr 1857 gibt es dann eine eigene evangelische Pfarrei für Dilsberg und Mückenloch.  
 
Am Ende des Referates gab es großen Applaus. Die Vorsitzenden des Ältestenkreises der Evang. Kirchengemeine Mückenloch, Frau Kubesch dankte dem Referenten und überreicht ihm noch aufmunternde Getränke.  
  
Text: Walter Berroth
Bilder 2018: bz
06.02.2018
 
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