Vorbemerkung des Berichtenden: Im Nachgang wird sehr ausführlich über die Bürgerfragestunde vor Beginn der Sitzung des Ortschaftsrates berichtet. Das ist als Ausnahme anzusehen, die wegen der Bedeutung der dort angesprochenen Themen dem Autor aber als notwendig erscheint. In der Bürgerfragestunde konnte der Dilsberger Ortschaftsrat wieder volles Haus vermelden: Das ehemaliges Gasthaus Neckartal treibt die Rainbacher Bürger/innen natürlich um. In Erwartung dieses Ansturms war Bürgermeister Volk auch der Bitte des Ortsvorstehers Streib gefolgt, zur Bürgerfragestunde anwesend zu sein. Vor Eintritt in die Fragestunde gab der Ortsvorsteher noch eine Erklärung ab: Ein Bürger, hat sich im Anschluss an die letzte Sitzung des Ortschaftsrats schriftlich an den Ortsvorsteher gewandt. In diesem Schreiben wirft er ihm vor, er habe deswegen keine näheren Auskünfte zum Sachstand Bauvorhaben Rainbach gegeben, da er mutmaßlich vom Bürgermeister einen Maulkorb erhalten habe. Diese durch keinerlei Tatsachen fundierte Unterstellung wies der Ortsvorsteher mit Entschiedenheit zurück. Zitat: „Ich habe mir noch nie den Mund verbieten lassen!“ Auf die Fragen der überwiegend Rainbacher Bürger antwortete dann Bürgermeister Volk. Frage Rainbacher Bürger: Hat die Stadt die rechtlichen Auswirkungen ihres Beschlusses zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Rainbach klären können?
Bürgermeister: Der Gemeinderat hat lediglich beschlossen, dort einen Bebauungsplan aufzustellen im Rahmen dessen Wohnen, Gastronomie und Hotel vorgesehen sind. Volk erläuterte noch kurz die Rolle des Gemeinderates im Rahmen von Bebauung und stellte heraus, dass erst durch Aufstellung eines Bebauungsplanes die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger/innen und der 13 sachverständigen Behörden gegeben ist. Bei einem herkömmlichen Bauvorhaben müssen lediglich die unmittelbaren Nachbarn angehört werden. Auf die zweite Frage, welcher Zusammenhang zwischen der das Projekt planenden Architektin und einer Immobilienmaklerin gleichen Namens bestehe, die weitere Objekte in Rainbach aufkaufen wollte, konnte der Bürgermeister ebenso wenig eine Antwort geben wie auf die Frage nach den Beziehungen zwischen dem Bauherrn und der TSG Hoffenheim, „da dies keine Fragen sind, die die Gemeinde etwas angehen“. Eine Bürgerin aus Rainbach übergab dem Ortsvorsteher einige Vorstellungen zur Bebauung des besagten Grundstücks und stellte folgende Fragen: Gibt es eine vertragliche Grundlage zur Nutzung des Weges am Neckar? Ist der Zugang zum Neckarufer geregelt?
Bürgermeister: Im Moment sind die Zugangsrechte noch nicht ganz geklärt. Auf jeden Fall werden diese aber Voraussetzung für die Genehmigung des Bauvorhabens sein. Für die Frage nach dem Neckarufer ist das Bundeswasserstraßenamt zuständig. Fragen einer Initiatorin für ein Bürgerbegehren: Ist der Anfrage der initiierenden Bürger nach der Anzahl der wahlberechtigten Bürger/innen in Neckargemünd eingegangen und wird diese rechtzeitig bearbeitet? Bürgermeister: Die Anfrage ist eingegangen und wird in den nächsten Tagen bearbeitet. Derzeit sind in der Stadt ca. 11 000 Wahlberechtigte registriert. Von diesen müssen 11 Prozent, also ca. 750 Wahlberechtigte den Antrag auf ein Bürgerbegehren unterzeichnen. Auf die Frage, warum im Rahmen des Bauvorhabens ca. 2500 qm Wohnfläche geschaffen werden sollen, bemerkte Volk: „Wir haben dem Investor klar gemacht, dass der Umfang der bisher geplanten Bebauung nicht genehmigungsfähig sein wird.“
An dieser Stelle gab Bürgermeister Volk bekannt, dass für den 30. April zum Thema Bebauung Rainbach eine Bürgerversammlung in der Graf-von Lauffen-Halle in Dilsberg durchgeführt werden soll, an der auch der Investor und die ihn beratenden Personen teilnehmen werden. Da die Versammlung aus Pandemiegründen nur mit wenigen Besuchern durchgeführt werden kann, sollen nur Bürger aus dem Stadtteil Dilsberg zu der Versammlung zugelassen werden. Fragen einer Bürgerin aus der sog. Kernstadt: Kann nicht eine virtuelle Einwohnersammlung für alle Bürger durchgeführt werden? Kann der Gemeinderat den Bauherren verpflichten, Teile der bisherigen Bebauung zu erhalten?
Bürgermeister: Ich sehe keine Notwendigkeit zu einer allg. Bürgerversammlung. Eine Verpflichtung zum Erhalt von Gebäudebestandteilen dürfte rechtlich nicht durchzusetzen sein. Dass die Einbeziehung bisheriger Gebäudeteile das Planungsverfahren erleichtern wird, kann dem Bauherren mitgeteilt werden. Allerdings haben die bestehenden Außenmauern Bestandsschutz. Will der Bauherr diese beseitigen, muss er die geltenden Bauabstandsbestimmungen einhalten.
Abschließende Frage eines Rainbacher Bürgers: Kann der Gemeinderat nicht die Entscheidung über das besagte Bauvorhaben dem Ortschaftsrat übertragen?
Bürgermeister: Der Ortschaftsrat wird ein großes Gewicht bei der Entscheidung über das Bauvorhaben haben. In mehr als 90 Prozent der Fälle übernimmt der Gemeinderat das Votum des Ortschaftsrates. Die Genehmigungsbehörde für ein Bauvorhaben ist das Baurechtsamt beim Rhein-Neckar-Kreis. Der Gemeinderat wird zu einem Bauvorhaben lediglich angehört. Dieser hört wieder zuvor den jeweils zuständigen Ortschaftsrat an. Das Baurechtsamt folgt in der Regel dem Votum des Gemeinderates. Es gibt aber auch Fälle, bei denen das Baurechtsamt anders entscheidet, als vom Gemeinderat beabsichtigt.
Die Bürgerfragestunde wurde vom Ortsvorsteher nach einer Stunde beendet. Zuvor hatte Bürgermeister Volk abschließend festgestellt: „Wir sind am Anfang des Verfahrens. Ihre Interessen als Bürger werden in jeder Planungsphase gewährleistet sein.“ Die eigentliche Tagesordnung des Ortschaftsrates war durch drei Bauanträge geprägt: Für ein kleines Haus, das am Ende der Unteren Straße am Hang steht, wurde der Einbau eines Dachflächenfensters beantragt, was nach dem gelten Bebauungsplan nicht zulässig ist. Nach kontroverser Diskussion, im Rahmen derer wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass solche Dachflächenfenster – ob genehmigt oder nicht – schon häufiger in der Feste vorzufinden sind, setzte sich das Argument durch, dass das beantragte Fenster kaum von der Straße aus einzusehen sei. Mit sechs Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und drei Enthaltungen wurde die Ausnahmegenehmigung zum Einbau eines Dachflächenfensters befürwortet. Ein weiteres Baugesuch in der Feste war noch mehr umstritten: Aus einem im Bebauungsplan als Grünfläche ausgewiesenen Grundstück möchte der Bauherr drei Parkplätze machen. Er benützt die Grünfläche bereits dazu, sein Fahrzeug dort abzustellen. Nicht zuletzt wegen des vorgesehenen Umfangs von drei Parkplätzen lehnten fünf Ortschaftsräte/Ortschaftsrätinnen die beabsichtigte Maßnahme ab, bei einer Befürwortung und drei Enthaltungen. Die Tatsache, dass dieses Grundstück ohnehin nur über eine Nachbargrundstück angefahren werden kann, durfte bei der Entscheidung keine Rolle spielen. Das mit Abstand größte Baugesuch fand dann die volle Zustimmung des Ortschaftsrates: In der Neuhofer Straße – neben der ehemaligen Tankstelle – soll ein Einfamilienhaus mit Kellerwohnung errichtet werden. Hier wird eine kleine Baulücke geschlossen. Zum Stand der Ersatzpflanzung Friedenslinde – am Ende der Unteren Straße außerhalb der Mauer – teilte Ortsvorsteher Streib mit: Die Stadtgärtnerei plant im Herbst dort eine bereits größere Winterlinde zu pflanzen. Die nicht unerheblichen Kosten für den Baum werden vom Obst- und Gartenbauverein übernommen. Am Ende der öffentlichen Sitzung baten alle Mitglieder des Ortschaftsrates den Ortsvorsteher, der Stadtgärtnerei den Dank des Gremiums für die außerordentlich gelungene Pflanzaktion mit Osterglocken u.a. auszusprechen.
Walter Berroth 14.04.2021
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