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Die Nachricht kam überraschend und löste Betroffenheit aus, Ende März geht im „Burgcafé Pippifax“ das Licht aus. Nach 14 Jahren voller Idealismus konnte sich Gerd Becker nicht länger der Realität verschließen und zog angesichts der Umsatzzahlen die Notbremse, was für das in Musikerkreisen heiß begehrte Kultkaffee das Aus bedeutet. Der studierte Betriebswirt erfüllte sich auf dem Dilsberg einen Traum, ein kleines Café mit gemütlichem Ambiente, einer Spielecke für Kinder und interessanter Literatur für Erwachsene. Die lockere Atmosphäre kam ebenso an wie der überaus herzliche Service, köstliche Kaffeespezialitäten und dazu leckerer selbstgebackener Kuchen. Eine Einkehrmöglichkeit, wo man auch für den kleinen Geldbeutel Qualität bekam. Hier fand Groß und Klein ein Plätzchen zum Genießen. „Was in einer schnellen Welt nichtig scheinen mag, ist den entschleunigten Pippifax-Betreibern wichtig.“ Das war keine leere Hülse sondern ein Versprechen, das die Gäste bei ihrem Aufenthalt spüren konnten. Dazu kamen geniale Musikevents, denn das „Pippifax“ bot Nachwuchsmusikern ebenso eine Plattform wie namhaften Künstlern. Am Anfang hin und wieder, wartete im Laufe der Jahre regelmäßig von Oktober bis April freitags Musik vom Feinsten auf die Gäste. Ein Rhythmus der ins Blut ging, auf engstem Raum mit Musikern zum Anfassen. Das Konzept stimmte, die Zahlen nicht. Woran es lag? Für den alleinerziehenden Vater zweier Kinder gab es mehrere Barrieren zu überwinden. Eigentlich war zum Überleben zusätzlich ein Halbtagsjob nötig, den er nebenan in der Jugendherberge ausübte. Dennoch gab er ihn vor drei Jahren auf, um sich ausschließlich aufs „Pippifax“ zu konzentrieren. Zu seinen Gästen zählten auch viele Übernachtungsgäste der Jugendherberge, deren Schließung er deutlich am Umsatz merkte, der ohnehin nur am Wochenende stimmte: „Der Sonntag ist nicht das Problem, aber von Montag bis Donnerstag.“, gibt der Gastronom ehrlich zu. Es gab Tage mit 24,- € Umsatz, da waren sogar die Stromkosten höher. Für ihn ist es eine Krux, denn erhöht er die Preise bleibt die Kundschaft aus, lässt er alles beim Alten bedeutet es weiterhin wenig Verdienst bei Arbeitszeiten fast rund um die Uhr. Einkaufen, putzen, kochen, Gäste bewirten, nachts Kuchen backen und alles überwiegend in Personalunion. Dazu gesellt sich ein schlechtes Gewissen zu wenig Zeit für die Familie zu haben, da bleibt Frustration nicht aus. Als jetzt der Steuerberater die „rote Karte“ zeigte, musste eine Entscheidung fallen und die Vernunft siegte. Ab April nimmt sich Gerd Becker erst mal eine Auszeit und geht beruflich neue Wege im sozialen Bereich. In aller Ruhe will er sich Gedanken machen, wie es mit den Räumlichkeiten weitergeht, an Ideen mangelt es ihm nicht. Vorstellbar wäre eine Vermietung aber auch monatliche „Wohnzimmerkonzerte“. Noch ist nichts entschieden, das muss erst mal reifen, aber Träume braucht der Mensch - insbesondere Lebenskünstler.
Tschau, Pippifax - alles Gute Gerd! Text: boe Bilder: bz © www.dilsberg.de 24.03.2016
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